Zufrieden als EInzelgänger - unzufrieden mit "der Psyche" / psychiatrische Diagnosen / Psychotherapie / Suizidgedanken

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  • Ich mache gerade eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement – eine etwas "dumme Entscheidung" von mir, da es ein sehr kommunikativer Beruf ist. Ich traf sie, weil ich nach verschiedenen Praktika (u. a. Tierarztpraxis, Bibliothek, Pferdehof, Buchhandel, Zeitungsredaktion...) endlich mal was beginnen „musste“; zuletzt hatte ich noch die Vorstellung, in einem Beerdigungsinstitut anzufangen, als Bestattungsfachkraft, aber da finde ich bei mir in der ländlichen Gegend leider keinen Ausbildungsplatz. Dafür fand ich einen in einer Verwaltung. Ist ja besser als nichts.
    Ich bin mit 16 in eine Form des betreuten Wohnens für junge Menschen mit psychiatrischer Vorgeschichte gezogen; wohne inzwischen separat und gestalte weitestgehend alleine meinen Alltag (ausgenommen die Präsenz von den 1, 2 Menschen, die es schaffen, mich zum Weiterleben zu überreden - Therapeutin und Sozialarbeiter). Wenn ich mich überhaupt „für das Leben entscheide“, wünsche ich mir eines, in dem ich mich durch meine Symptome/Probleme nicht mehr so beeinträchtigt fühle und das mich autonom, halbwegs zufrieden und ohne therapeutische Beihilfe „überleben lässt“.
    Ich will „da raus“, und eine Ausbildung zu beenden ist wohl ein wichtiger Schritt; leider bedeutet die reale Durchführung für mich gleichzeitig auch eine gewisse „Sinnlosigkeit“:
    - „Wozu mache ich einen Beruf, den ich nicht mag, mit erzwungenem Kontakt zu Menschen, die ich nicht mag, wenn der Überlebenswille von Anfang an sowieso nicht stark genug ausgeprägt gewesen ist und ich nachher eh nicht klarkomme und Schluss mache?"
    - Am Ende hätte ich „nur“ Geld, Energie und Zeit verschwendet. Im Übrigen auch die Investionen von anderen Menschen. Ich will sie eigentlich nicht „in Anspruch nehmen“, jedoch machen sie mir Hoffnung auf eine „Heilung“, an der ich zunehmend zweifle - eine die ich, wenn ich komplett auf "Hilfsangebote" verzichte und "nur in meiner eigenen Welt rumkrebse", erst recht nicht zu finden vermag.
    Natürlich kann ich (später) einen Berufswechsel machen, suche schon länger verzweifelt nach etwas „ohne/mit sehr wenig Menschen“ – doch selbst wenn „nur“ die Zeit der Ausbildung / Fach-/Berufsschule die mit den meisten Menschen in der Nähe ausmacht, erscheint mir das momentan als „ein Zu-viel“ und ein „Das-ist-es-nicht-wert“. Es wär vielleicht "nur Durchhalten mit einem +-0-Ergebnis.


    An sich fühle ich mich wohl als Einzelgängerin, aber Versuche, das störende Vorhandensein gewisser „Symptome“ mit mir selbst klar zu machen, scheiterten bisher zum Großteil, und das befeuert meine Dysthymie. Die Garantie für "Besserung" ist nicht gegeben und wenn, muss man lange auf das Resultat warten. Ich wünsch mir sehr, ich wäre „stark genug“ ...
    ... Mich würde interessieren, ob jemand diesbezüglich ähnliche Erfahrungen gemacht hat - bzgl Jugend- bzw Sozialhilfe + psychiatrische Diagnosen + Psychotherapie + Berufswahl/Ausbildung... Kann jemand "gut leben damit"?


    Gruß
    amalthea

  • Was die Berufswahl angeht, kann ich dir von meinen Erfahrungen her - ich bin schon um einiges älter als du - sagen, dass es auf lange Sicht zu einem Burnout und Depressionen kommen wird, wenn man sich zu einem Beruf drängen lässt, den man nicht mag. Auch ich habe im Büro gelernt, obwohl mir die Arbeit keine Freude bereitet, bin in meiner Jugend quasi dazu gedräng worden. Das Ergebnis sehe ich seit einigen Jahren. Mein Unwillen, diese Arbeit auszuführen, mich immer wieder mit hinterhältigen und intriganten Menschen auseinander setzen zu müssen, was in Büros größtenteils nicht ausbleibt, wird immer stärker. Nur habe ich den Fehler gemacht, dass ich trotzdem, wahrscheinlich aus Bequemlichkeit, was neues anzufangen und auch keine Ahnung gehabt, was ich tun sollte, da mir auch einige Türen verschlossen blieben, dabei geblieben bin. Jetzt ist es für mich zu spät. Ich kann dir nur raten, diesen Fehler nicht zu machen sondern solange du noch jung genug bist, dir zu überlegen, woran du freude hättest, und dieses Ziel zu verfolgen. Wenn man älter ist, wird es schwieriger, nochmal neu anzufangen, weil der Arbeitsmarkt in Deutschland nicht für ältere Leute nicht gemacht ist, und die meisten Arbeitgeber keine Leute mehr einstellen, die älter als 40 Jahre sind. Leider ist es so, dass die meisten nur junge Leute haben wollen.


    Natürlich rate ich dir NICHT, die Ausbilldung abzubrechen, die solltest du durchhalten, aber auf lange Sicht wäre es für dich besser, nach Möglichkeiten zu suchen, beruflich etwas zu machen, was dich auch interessiert.

  • Du wirst dieses Gefühl vielleicht kennen, ein Gefühl zu einer falschen Zeit geboren zu sein. Es will einfach nichts passen, egal was man macht. Man geht einen langen Weg und am Ende passt der Schlüssel nicht ins Schloss hinein. Es treibt einen zur Wut und zur Verständnislosigkeit. Was soll ich hier? Was soll ich mir verdienen, wenn ich das Leben nicht will? Was bringen Tugenden und Prinzipien, wenn sie einem nicht helfen? Eine gute Antwort hab ich darauf leider auch nicht parat. Aber ohne könnte ich nicht. Das bin ich. Und solange ich das weiß, gibt es nur mich selbst, der mir sagt, wie ich etwas verdiene und keinen Menschen der mir das vorschreibt.
    Frag dich erst, wer du bist und erst wenn du das weißt, entscheide dich, welchen Weg du gehen willst. Dann weißt du auch, ob es Sinn macht etwas zu probieren.
    Das Weiterleben ist mit Sicherheit keine einfache Aufgabe, es ist ein andauernder Kampf. Ein Krieg gegen sich selbst und gegen die Welt. Wie könnte ein Leben, in dem es kein Glück gibt, einfach sein? Dennoch wird die Zeit voranschreiten, ob du nun versuchst zu leben oder schon tot bist. Die Zeit ist ein natürliches Phänomen und so wie mir die Natur das Leben gegeben hat (auch wenn ich es nicht wollte), so werde ich auch ihr die Entscheidung über mein Tod anvertrauen, unabhängig davon, ob ich noch will oder kann und unerheblich, ob die Zeit gnädig mit mir ist oder ich durchhalten muss. Das ist meine Antwort, aber wann man sich den Tod verdient und ob man das Leben verdient, ob man nun schwach oder stark ist, dafür gibt es keine pauschale Antwort. Die musst du selbst finden.


    Was die Berufswahl angeht, schließe ich mich fairy an, jedoch muss ich auch sagen, dass mir das ganze Prinzip von dieser Art der "Arbeit" missfällt. Man verkauft sein wertvollstes Gut, seine Lebenszeit, für einen Lohn, welcher der Zeit die man dabei opfert, nicht im Entferntesten gerecht wird und schädigt dabei im schlimmsten Fall noch seiner physischen, sowie psychischen Gesundheit. Deshalb wäre mein Rat noch, wenn du schon diese psychotherapeutische Hilfe hast, nutze sie auch und informiere sie über jeglichen Zweifel, deiner Berufswahl bezüglich.



    LG Erik

  • Als freiwillige Einzelgängerin ohne jedwede Probleme kann ich nur sagen, ich bin sehr zufrieden.
    Mit mir, meinem Job, meinem Büro, manchmal nerven die Kollegen, hält sich aber in engen Grenzen. :P
    Meine Berufsausbildung war in einem anderen Unternehmen und ist auch schon lange her, da ging es etwas steifer zu.
    In dem Unternehmen wo ich jetzt bin, alles okay.
    Ich will nichts anderes haben, vielleicht mehr Urlaub. :D

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